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Melina
Melina
Berufstätige Studentin

Feierabend, Fernstudium, Durchziehen

Feierabend, Fernstudium, Durchziehen
Melina startet mit Mitte 20 ein Fernstudium – neben dem Vollzeitjob, mit viel Zweifel, aber noch mehr Willen. Trotz Überforderung, Tränen und harter Wochenenden zieht sie es durch und macht sogar ihren Master. Ihre Geschichte zeigt: Du musst nicht perfekt sein – nur bereit, loszugehen.

Hey, ich bin Melina, 28, und wenn mir vor ein paar Jahren jemand gesagt hätte, dass ich mal einen Bachelor und sogar einen Master in der Tasche hab – und das neben einem Vollzeitjob – ich hätte wahrscheinlich gelacht und gesagt: „Ja klar… ich und Studium? Vergiss es.“

Ich war nie die Einser-Kandidatin. In der Schule war ich eher unauffällig. Keine Katastrophe, aber eben auch nichts Besonderes. Ich hab meine Ausbildung zur Bürokauffrau gemacht, war froh, schnell eigenes Geld zu verdienen. Ich mochte das Gefühl, unabhängig zu sein, meinen Platz im Team zu haben, morgens zu wissen, was zu tun ist. Struktur hat mir Sicherheit gegeben. Aber irgendwann, so mit Mitte 20, kam dieser leise Gedanke, der sich nicht mehr abschütteln ließ: War’s das jetzt?

Ich erinnere mich noch an diese Abende auf der Couch. Feierabend, Serien laufen, Handy in der Hand – und trotzdem war da dieses nagende Gefühl im Bauch. So eine Mischung aus Unruhe, Sehnsucht und leiser Frustration. Nicht weil mein Leben schlecht war, im Gegenteil. Aber ich hatte das Gefühl, ich lebe nur die „sichere Variante“. Ich wollte wissen, ob da noch mehr geht. Ob ich noch wachsen kann – für mich. Nicht für einen Titel oder mehr Geld. Einfach, um mir selbst zu zeigen, dass ich’s kann.

Also hab ich irgendwann all meinen Mut zusammengenommen und mich für ein berufsbegleitendes Fernstudium in BWL angemeldet. Ich weiß noch, wie ich da saß, als die Bestätigung kam. Ich hatte Gänsehaut. Und Panik. Richtig krasse Panik. Ich hab gedacht: Melina, was tust du da? Du hast seit Jahren nicht gelernt. Und jetzt willst du Hausarbeiten schreiben?

Der Anfang war hart. Richtig hart. Ich hab tagsüber im Büro gearbeitet und abends versucht, mir VWL-Grundlagen reinzukloppen. Freitage waren keine Freitage mehr – sie waren die Vorbereitung auf Wochenenden voller Skripte, Zusammenfassungen und Prokrastination mit schlechtem Gewissen. Ich hab geweint. Mehr als einmal. Weil ich überfordert war. Müde. Oder einfach, weil ich das Gefühl hatte, allen anderen geht’s leicht von der Hand – nur mir nicht.

Aber ich hab weitergemacht. Nicht perfekt. Nicht schnell. Aber stetig. Ich hab mir Lernsachen mit bunten Markern strukturiert, kleine Karteikarten geschrieben, Pomodoro-Timer gestellt, Spotify-Playlists mit Lo-Fi Beats gebaut. Ich hab gelernt, wie ich lerne. Und plötzlich hat’s funktioniert. Nicht weil ich ein Genie bin, sondern weil ich meinen eigenen Weg gefunden hab.

Ich erinnere mich an meine erste Note, die keine 4 oder 3 war – sondern eine 1,7. Ich hab den Bildschirm angestarrt, als wär’s ein Lottogewinn. Und irgendwie war es das. Nicht wegen der Zahl. Sondern weil sie stand für: Du kannst das.

Nach dem Bachelor war ich so stolz. Ich weiß noch, wie ich meiner Mama mein Zeugnis gezeigt hab und sie Tränen in den Augen hatte. Und wie mein kleiner Bruder meinte: „Krass, du hast das echt durchgezogen.“ Und dann… ja, dann hab ich gedacht: Wenn ich das geschafft hab – warum nicht den Master auch noch?

Es war nochmal härter. Ich hab mittlerweile in Teilzeit gearbeitet, um es zu schaffen. Ich hab gelernt, Prioritäten zu setzen. Nein zu sagen. Auch mal „ich kann heute nicht“ zu sagen – zu anderen, aber vor allem zu mir selbst. Ich hab gelernt, dass Ehrgeiz toll ist, aber Pausen genauso wichtig sind. Und dass Selbstzweifel oft lauter sind als das, was du eigentlich kannst.

Heute – mit 28 – hab ich meinen Masterabschluss. Und viel wichtiger als das: Ich hab ein anderes Bild von mir. Ich bin nicht mehr „Melina, die Büro-Maus, die ganz okay ist“. Ich bin Melina, die durchgezogen hat. Die sich getraut hat, einen neuen Weg zu gehen. Auch mit Angst. Auch mit Zweifeln.

Und wenn du das hier liest und denkst: Ich würde ja gern… aber ich weiß nicht, ob ich’s schaffe – dann glaub mir bitte eines: Du musst nicht perfekt sein. Du musst nur anfangen. Wirklich. Der Rest ergibt sich unterwegs.

Vielleicht ist heute dein Anfang. Wer weiß? ♡

4.7