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Sophia Richter
Sophia Richter
CEO

Wenn Führung mehr bedeutet als Entscheidungen treffen

Wenn Führung mehr bedeutet als Entscheidungen treffen
Als CEO übernahm Sophia ein Unternehmen kurz vor dem wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruch. Mit Transparenz, klarer Strategie und mutiger Führung baute sie Vertrauen auf, richtete das Unternehmen neu aus und schuf eine zukunftsfähige Kultur.

Mein Name ist Sophia, ich bin 50 Jahre alt und komme aus Graz. Ich bin CEO eines mittelständischen Unternehmens im Maschinenbau – ein Traditionsbetrieb mit über 200 Mitarbeitenden. Heute steht unser Unternehmen stabil da. Wir wachsen. Wir investieren. Und wir haben wieder Perspektive. Aber das war nicht immer so.

Vor knapp vier Jahren stand ich an einem Punkt, an dem ich mir eingestehen musste: Wenn wir jetzt keine klaren Entscheidungen treffen, dann wird es dieses Unternehmen in zwei Jahren nicht mehr geben.

Die Wirtschaftslage hatte sich verschärft. Die Aufträge blieben aus, Lieferketten waren unterbrochen, unsere Kosten liefen davon. Gleichzeitig machte ein interner Skandal die Runde: Ein langjähriger Bereichsleiter hatte Gelder zweckentfremdet, Verträge manipuliert, Vertrauen zerstört. Die Stimmung im Team war angespannt, das Kundenvertrauen wackelte. Und ich? Ich war gerade einmal sechs Monate im Amt.

Ich erinnere mich gut an die erste Krisensitzung mit meinem Führungsteam. Die Stimmung war eisig, viele waren defensiv, einige fast panisch. Ich habe damals nicht geschrien. Ich habe nicht mit dem Finger gezeigt. Stattdessen habe ich die Karten auf den Tisch gelegt: "Wir haben ein Problem. Aber wir haben auch die Möglichkeit, daran zu wachsen – wenn wir bereit sind, ehrlich zu sein und gemeinsam Entscheidungen zu treffen."

Schritt 1: Transparenz schaffen

Mein erster Schritt war volle Offenheit – intern wie extern. Ich habe sofort eine Sonderkommunikation eingeführt: Wöchentliche Updates an alle Mitarbeitenden, direkte Gespräche mit den wichtigsten Kund:innen, eine interne Hotline für Fragen und Sorgen. Vertrauen entsteht nicht durch schöne Worte, sondern durch klare, ehrliche Kommunikation. Auch wenn die Wahrheit unbequem ist.

Schritt 2: Sanieren ohne zu zerstören

Gleichzeitig haben wir eine Sanierungsstrategie erarbeitet. Nicht mit der Rasenmäher-Methode, sondern gezielt. Wir haben jede Abteilung durchleuchtet, Prozesse analysiert, doppelte Strukturen beseitigt. Ich musste auch harte Entscheidungen treffen – wir haben uns von einigen Führungskräften getrennt, wir haben Projekte pausiert. Aber wir haben nie die Menschen aus dem Blick verloren. Jeder Abbau war begleitet, fair und nachvollziehbar.

Schritt 3: Zukunft denken

Krisenmanagement bedeutet nicht nur "Feuer löschen" – es bedeutet auch, neu zu denken. Ich habe ein Zukunftsteam zusammengestellt – quer durch alle Ebenen, nicht nur Führung. Wir haben Trends analysiert, neue Geschäftsfelder entwickelt, alte Stärken neu bewertet. Daraus entstand unser Einstieg in ein nachhaltigeres Produktsegment, der heute ein Drittel unseres Umsatzes ausmacht.

Schritt 4: Kultur aufbauen

Die vielleicht wichtigste Entscheidung war, unsere Unternehmenskultur neu zu definieren. Weg von Silodenken, hin zu Verantwortung und Dialog. Wir haben ein internes Mentoringprogramm gestartet, Führungskräfte geschult, eine Feedbackkultur etabliert. Heute ist unsere Kommunikation direkter, unsere Zusammenarbeit effektiver – weil wir wieder Vertrauen haben.

Natürlich war der Weg nicht einfach. Ich habe Nächte durchgearbeitet, Kritik ausgehalten, gezweifelt. Aber ich habe auch gelernt: In der Krise zeigt sich, wer du wirklich bist – und wer du sein willst.

Heute sagen manche, ich hätte das Unternehmen gerettet. Aber ich sage: Wir haben es gemeinsam wieder aufgerichtet. Weil wir mutig waren, ehrlich, und bereit, die Verantwortung zu tragen.

Ich bin Sophia Richter. Und ich glaube: Krisen sind nicht das Ende – sie sind oft der Anfang von etwas Besserem. Wenn man bereit ist, hinzusehen und zu handeln.

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